Gedanken zur veganen Hundeernährung

Tripod liebt BrotWir schließen nicht grundsätzlich aus, dass vegane Hundeernährung möglich ist. Bei uns werden die Hunde nicht vegan ernährt. Das hat mehrere Gründe:

1. Der Kostenfaktor

Der Tierlebenshof ist ein gemeinnütziges Projekt, das auf Spenden angewiesen ist – auch auf Futtermittelspenden. Die vegane Ernährung der Hunde würde so viel kosten, dass wir nicht die Mittel hätten, so vielen Tieren ein Leben ohne Ausbeutung zu ermöglichen. Allen Tieren auf dem Hof wird mit Respekt entgegengetreten, ohne dass sie nützlich sein müssen. Keinem Tier auf dem Hof steht ein grausamer Tod im Schlachthaus bevor, da wir sie bis an ihr Lebensende so gut wie möglich versorgen.

2. Die Art unseres Projektes

Der Tierlebenshof nimmt Tiere auf, die sonst keine Chance hätten. Damit sind die Hunde häufig alt und aus ihrem bisherigen Leben bringen sie häufig einen schlechten Gesundheitszustand mit. Nur in Ausnahmefällen kommen auch jüngere Hunde oder Hunde, zu denen wir bereits eine persönliche Bindung haben, auf den Hof.
Oft sind die Hunde chronisch krank. Für ein Leben ohne Schmerzen sind sie dauerhaft auf starke Medikamente angewiesen. Diese Medikamente haben auch Nebenwirkungen. Um den Hunden das Leben so lebenswert wie möglich zu machen, versuchen wir die Nebenwirkungen so gering wie möglich zu halten. Eine notwendige Maßnahme war bei uns häufig eine spezielle Diät, die leider so gut wie immer Fleisch enthielt.

4. Allgemeiner Zustand von Hunden

Natürlich ist es nicht natürlich, dass ein Hund Fleisch frisst. Hunde sind im allgemeinen vom Menschen abhängig und davon, was ihnen individuell gefüttert wird, oder was sie z.B. bei einem Leben auf der Straße (in einer vom Menschen geprägten Umgebung) finden. Der Mensch hat Hunde domestiziert und schließlich in seine Abhängigkeit gezüchtet. Damit ist immer der Faktor der menschlichen Kutur im Leben eines Hundes bedeutender, als das, was als Natur bezeichnet werden kann. Biologisch gesehen kann ein Hund theoretisch alles mögliche fressen.

Die Zucht von Hunden hat allerdings auch viele Lebensmittelallergien bei Hunden hervorgerufen, denen ebenfalls mit speziellen Diäten begegnet werden muss, will man den Hund nicht permanentem Leiden aussetzen. Der Stand der Wissenschaft ist hier leider noch nicht so weit, dass dem Rückgriff auf Fleisch, in den meisten solcher Fälle, eine Alternative entgegenstünde.

5. Gesellschaftliche Bedingungen

Gesunde Ernährung ist in dieser Gesellschaft ein Kostenfaktor. Egal, ob diese Ernährung vegan oder nicht vegan ist.
„Fleisch“ ist Wirtschaftsfaktor. Es bringt viel Geld ein, es wird subventioniert, es bietet Arbeitsplätze. Was das für Tiere, Menschen und Umwelt bedeutet und wie viel Leiden und Ausbeutung der Preis dafür ist, scheint dem gegenüber nicht zu zählen.
„Fleisch“ ist billig. Vegane Ersatzprodukte sind teuer und/ oder zeitaufwändig.
Leider belegen Studien, dass trotz der wachsenden Zahl an VegetarierInnen und VeganerInnen in Deutschland eine stetig steigende Zahl an geschlachteten Tieren gegenüber steht.

Welche Schlüsse sind nun daraus zu ziehen?

Veganismus als individuelle Lebensführung kann nicht genügen. Die Mechanismen des Kapitalismus sind wirkmächtiger als individueller Konsumverzicht.
Für den Menschen ist Veganismus noch machbar. Ihm werden durch den Stand der Forschung und der Entdeckung eines ertragreichen Nischenmarktes für vegane Produkte, eine verhältnismäßig große Nahrungsmittelauswahl für verschiedenste Bedürfnisse zum Erwerb angeboten. So ist auch im Falle einer gesundheitlichen Einschränkung eine gesunde vegane Ernährung möglich, wenn die finanzielle Lage es erlaubt. Bei Hunden sieht das, unserer Erfahrung nach, noch anders aus.

Unsere Lage sieht also wie folgt aus:

Das vegane Angebot für Hunde passt nicht auf die Hunde, für die wir die Verantwortung übernommen haben, und/oder die finanzielle Lage sieht prinzipiell schwierig aus. So ist uns vegane Ernährung der Hunde leider nicht möglich.

Wenn wir hier auch die Lösungsstrategie des individuellen „Verzichts“ auf Hunde übertragen, stehen wir vor dem Problem einer Entweder-Oder-Entscheidung:
Entweder der Hund leidet oder andere Tiere leiden und sterben für ihn. Evtl. würde sogar die Frage des Hundelebens im Raum stehen.

Leider deuten die Studien, sowie kapitalismuskritischen Analysen nicht darauf hin, dass im kapitalistischen System, dem geopferten Hundeleben  z.B. ein gerettetes Rinderleben entgegen steht, oder auch nur eine Reduzierung des Leidens der Tiere, die bei der Ernährung des Hundes in Frage kommen würden.

Doch auch Hunde in miserablen Lebensbedingungen existieren bereits.
Wir können ihnen auf dem Hof ein besseres Leben bieten, als z.B. alt und einsam in Tierheimen dahin zu vegetieren. Einige Hunde werden an verschiedenen Orten nach einer bestimmten Frist getötet. Wir können ein paar von ihnen das Leben ermöglichen.

Unser Fazit, das wir für diesen Verein daraus ziehen, ist, dass wir im Zweifelsfall Hunde aufnehmen, auch wenn für sie eine Hundeernährung ohne Fleisch momentan nicht machbar ist.

Wir möchten die Hunde, denen wir helfen können, nicht leiden lassen.

Über Free Animal stehen wir in Kontakt mit Höfen, auf denen es immer wieder Anläufe gibt, verschiedene Hunde mit veganem Futter zu ernähren. Auch auf unserem Hof gab es schon Fütterungsversuche, die leider nicht sehr positiv für die Hunde ausgingen und dann abgebrochen werden mussten.
Wir würden es durchaus begrüßen, wenn im Sinne der Tiere auch wissenschaftlich weiter zum Thema vegane Hundeernährung geforscht wird (damit meinen wir natürlich ohne Tierversuche!).
Wir würden es begrüßen, wenn das Züchten von Hunden zumindest hinterfragt, am besten aber beendet wird. Es gibt bereits unendlich viele Hunde in Tierheimen oder auf den Sraßen Europas – ja auf der ganzen Welt.

Zudem ist in diesem Punkt weiter zu denken. Systemkritik und politische Arbeit sind gefragt. Auch das kann ein Tierlebenshof nicht allein schaffen. Die Widersprüche des Kapitalismus kann nicht eine Person oder eine kleine Organisation allein überwinden. Beispiele, bei denen wir direkt oder indirekt das Scheitern beobachten konnten, versuchten alle Widersprüche in einem kleinen Projekt aufzulösen, wobei ihnen als einzelnes Projekt mit wenig Unterstützung ein System alle Kraft entzog, das dem guten Leben für alle leidensfähigen Lebewesen feindlich gegenübersteht.

„Es gibt kein richtiges im Falschen“

Wir leben in und mit den Widersprüchen dieses Systems. Das heißt aber nicht, dass wir es als unveränderbare Macht sehen, der man sich nur beugen kann. Es ist wichtig an Alternativen zu arbeiten, sie zu erdenken und Wege der Umsetzung zu denken und zu leben. Wir sind aus genannten Gründen kein rein veganes Projekt. Was wir nach unseren Kräften machen können, versuchen wir. Aber bestimmte/wesentliche gesellschaftliche Veränderungen können wir höchstens als Teil einer Bewegung erreichen.

Schön wäre, wenn unser Beitrag auch von rein vegan ausgerichteten Projekten anerkannt würde, auch wenn dieses Projekt Tierlebenshof nicht in allen Einzelheiten dem Ideal eines veganen Lebens für Alle entsprechen kann, wie es in einer Utopie existieren würde, nach der auch wir streben.